Feierlich beschwingt

lud die Flötistin Regula Bernath am Montag zum Abschluss ihrer dritten Konzertsaison in die Reformierte Kirche Thayngen ein. Die gute Nachricht: "Musik frisch ab Hof" findet im Sommer ihre Fortsetzung. Wer in der Region Schaffhausen den Jahreswechsel musikalisch begehen möchte, darf sich jeweils aus einer ganzen Reihe hochklassiger Angebote das Passende heraussuchen. Braucht es da am 2. Januar auch noch ein Konzert in Thayngen? Würden überhaupt genügend Zuhörerinnen und Zuhörer kommen, um dem Frauenquartett einen einigermassen würdigen Rahmen zu bieten? Wer solchermassen seine leisen Zweifel am Reiater Kulturinteresse gehegt haben mochte, sah sich aufs Angenehmste enttäuscht: Selten wohl war die Kirche in letzter Zeit besser besetzt gewesen. Ein Blick in die Runde liess vermuten, dass im Publikum auch etliche Musikfreunde von auswärts sassen. Nun zahlte es sich aus, dass Regula Bernath im September bei ihrem vierten Konzert fremdgegangen und in Schaffhausen an der Rosengasse 16 "romantisch bunt" aufgetreten war und auch noch im Dezember "schwungvoll romantisch" in der neuen Konzertreihe im Steiner Kulturhaus Obere Stube.

Kongeniale Musikkolleginnen

Zu ihren Auftritten lädt die Thaynger Flötistin immer wieder andere Musikerfreundinnen und Musikerfreunde ein, besonders oft die Cellistin Sophie Chaillot-Hegi, die denn auch von ihr als "Hof-Cellistin" vorgestellt wurde, ein schönes Kompliment, denn dieser Titel bezieht sich sowohl auf den Thaynger Erlenhof als auch auf die barocken Fürstenhöfe, wo sich die Cellistin musikalisch sicher auch zu Hause gefühlt hätte. Da das Violoncello teilweise bescheiden im Hintergrund blieb, war es Sophie Chaillot-Hegi zu gönnen, dass sie mit einer Cellosonate die Virtuosität des Instruments und auch ihre eigene ohrenfällig aufzeigen durfte. Antonio Vivaldi, der "Popmusiker seiner Zeit", der, wie die Musikerin erläuterte, eine besondere Liebe für das Cello empfand, bot dafür die geeigneten Noten. Bei seiner 3. Sonate in a-Moll wurde sie an der Orgel von Annette Unternährer-Gfeller begleitet, die auch schon mit dem Cembalo bei Hofkonzerten aufgetreten ist.

Die vielseitige Orgel

In einem Konzert, in welchem man als interessierter Laie nichts zu bekritteln fand, war das wohl das Überraschendste: Wie vielseitig die Orgel erklingen kann und dass sie keineswegs nur zu kirchlicher Musik passt. Den endgültigen Beweis dafür brachte Ernesto Köhlers Valse des fleurs opus 87 - ein Walzer in der Kirche! Was für eine schöne Idee. Überhaupt war das ganze Programm von Regula Bernath ausgesprochen originell und abwechslungsreich zusammengestellt worden. Den gelungenen Rahmen bildeten die Stücke des 70-jährigen deutschen Komponisten Joachim Johow mit drei aus der aschkenasischen Volksmusiktradition hervorgegangenen Klezmer-Werken. Eigentlich war für das Konzert als Oboistin Debora Klein vorgesehen gewesen, doch musste sie wegen einer Schulterverletzung passen. Für sie sprang Shoko Miyake ein. So erklärte es Regula Bernath. Gemerkt hätte man sonst nichts von dieser kurzfristigen Umstellung, denn Oboe beziehungsweise Englischhorn und Querflöte plauderten im Dialog so vertraut miteinander, als ob die beiden Musikerinnen täglich zusammenspielen würden.

Fortsetzung folgt

Angenehm für das Publikum war, dass die Werke, wo sinnvoll, kurz kommentiert wurden. Das war nicht nur informativ, sondern ermöglichte es auch, die Musikerinnen etwas kennenzulernen. Die zentrale Botschaft kam dabei von Regula Bernath selbst, die eine vierte Konzertreihe ankündigte. Ob dabei bereits Einflüsse ihres musikalischen Bildungsaufenthalts im brasilianischen Joinville zum Tragen kommen, wird man aber erst im Vorfeld des ersten Erlenhof-Konzerts am 4. Juli erfahren.

[Andreas Schiendorfer in den SN vom 4.1.23]