Mit einem gleichermassen unterhaltsamen wie lehrreichen Konzert endeten die musikalischen Entdeckungsreisen von Regula Bernath auf dem Erlenhof für dieses Jahr – zu Gast waren am Sonntag der Kontrabassist Pierre Dekker und die Bratschistin Lilian Haug.
Die bereits fünfte musikalische Saison «Musik frisch ab Hof» erfüllte die hohen Erwartungen eines stetig wachsenden, keineswegs nur auf Thayngen beschränkten Publikums. Eine Konzertreihe, in welcher die Flöte als prima inter pares im Zentrum steht, führt zwangsläufig immer wieder zu speziellen Instrumenten Kombinationen und rückt Komponistinnen und Komponisten in unser Hörfeld, die man zuvor kaum oder gar nicht auf dem musikalischen Radar hatte.
Waren im Mai das Akkordeon (Stefanie Mirwald) und das Violoncello (Sophie Chaillot Hegi) bei Regula Bernaths Flöte zu Gast, so folgte im August ein selbsternannter «Bläserzoo» mit Oboe, Klarinette, Horn und Fagott (Phoebus Bläserquintett). Am Sonntag waren nun also der Kontrabass und die Viola an der Reihe.
Während man wohl etliche bekannte Solocellisten aufzählen könnte, fällt das in Bezug auf den Kontrabass deutlich schwerer. Dass der Riesenkasten solistische Akzente zu setzen vermag, haben vor allem Jazzbassisten wie Charles Mingus, Paul Chambers oder Gary Peacock bewiesen. Auf dem Erlenhof fühlte sich aber auch der junge Niederländer Pierre Dekker, Solobassist der Basel Sinfonietta, in seinem Ele ment. Keine Spur von Schwerfälligkeit in seinem Spiel. Mit grösster Virtuosität und Ausdruckskraft meisterte er zusammen mit Regula Bernath alle musikalischen «Extremlagen», wie der Titel des ganzen Konzerts lautete.
Gerne erinnert man sich daran, dass die Thayngerin ihre Mitspielerinnen und Mitspieler in der Regel mehr als einmal einlädt. So spielte die Schaffhauserin Lilian Haug mit ihrer Viola hier schon einmal im September 2022. Man kennt sie hierzulande nicht nur als Bratschistin, sondern auch als Chormitglied der MKSSingschule, als Musikerin der Kleinen Bühne und des Sommertheaters oder als Jazzschlagzeugerin. Lilian Haug ist gewissermassen die musikalische Vielseitigkeit in Person. In den letzten fünf Jahren hat sie sich in den Niederlanden weiterentwickelt, vielleicht auch, um etwas Abstand zu gewinnen und sich Klarheit über die eigene berufliche Zukunft zu verschaffen. Soeben hat sie das MasterStudium Viola am Conservatorium van Amsterdam abgeschlossen. Und dass Lilian Haug ihre Viola beherrscht, bewies sie auch in Thayngen. Besonders deutlich wurde dies in den beiden Stücken der Komponistin Britta Byström «A walk to Schubert» und «A walk to Strauss» von 2018, bei denen sich die Schwedin, eigens für Viola und Kontrabass, von Schuberts 5. Symphonie beziehungsweise vom «Don Quixote» des Richard Strauss inspirieren liess.
Dass neben musikalischen Grössen wie Gioacchino Rossini und Johann Sebastian Bach («Musikalisches Opfer») mit Reinhold Glière, Erwin Schulhoff und Johannes Matthias Sperger drei weitere, eher wenig bekannte Komponisten berücksichtigt wur den, rundete den Konzertgenuss zusätzlich ab, zumal sie auch Regula Bernath reichlich Gelegenheiten boten, ihr grosses Können unter Beweis zu stellen.
So war genügend Gesprächsstoff geboten für den vom Kulturverein Thayngen Reiat gesponserten Apéro – zusätzlich inspiriert von den beiden Experimentelle-Künstlern Armin Göhringer und Alexander Weinmann, deren Skulpturen zum Erlenhof passten, wie wenn sie schon immer dort gestanden hätten.
Während die Experimentelle auf dem Erlenhof und im Kulturzentrum Sternen noch an den beiden folgenden Wochen enden zu sehen ist, findet das nächste «Musik frisch ab Hof» – Konzert am 2. Januar 2025 in der reformierten Kirche Thayngen statt.